Urzeitliche Tiere für das 2 bis 5 Liter-Becken - Die "Urzeitkrebse" der Gattung Triops (Ordnung Notostraca)

(Bilder der Tiere findet man unter www.urzeitkrebse.de; die Aufzucht- und Haltungsanleitung hat der Autor zur Erfolgssteigerung modifiziert)

Immer häufiger werden sie angeboten und mitunter kann man ihre Eier sogar mit bestimmten Comic- Heften am Kiosk kaufen: Als Urzeitkrebse werden neben dem unter Aquarianern allseits bekannten und beliebten Salinenkrebschen Artemia salina aus der Klasse der Kiemenfüße Anostraca (auch "Schalenlose" genannt) nun auch die einstmals nur unter Naturkennern, Umweltschützern und Experten bekannten Ordnung der "Rückenschaler" Notostraca (Klasse Phyllopoda: Blattfußkrebse) verkauft. Wie die Salinenkrebschen so sind auch diese Krebstiere Vertreter einer sehr ursprünglichen Gruppe von Krebsen, die ihre Blütezeit im Trias (vor 210 - 250 Millionen Jahren) und davor erlebten und sich seitdem kaum veränderten. Und noch mehr haben sie mit den Anostraca gemein: Auch sie überlebten die Jahrmillionen nur durch Einnischung/Anpassung in bzw. an sehr extreme Lebensräume, in denen sie einer Konkurrenz durch fortschrittlichere Arten entgingen. Sie bewohnen noch heute kurzlebige Gewässer wie Pfützen, Schmelzwasserteiche und Überschwemmungs-gebiete. Dazu haben sie verschiedene Anpassungen ausgeprägt. Wohl das bekannteste Phänomen ist die enorme Widerstandsfähigkeit der Dauereier, die nach dem Austrocknen des Gewässers zurückbleiben und mitunter Jahrzehnte in völlig trockenem Zustand und ohne erkennbare Stoffwechseltätigkeit im Sediment überdauern, um dann bei erneuter Überschwemmung unter günstigen Umweltbedingungen binnen eines Tages zu schlüpfen. Aufgrund der Kurzlebigkeit der bewohnten Gewässer entwickeln sich die Krebse unter günstigen Umständen schon in nur zwei bis drei Wochen zum fortpflanzungsfähigen Individuum. Männchen treten nur außerordentlich selten auf und sind für die Fortpflanzung auch nicht notwendig, da aus den unbefruchteten Eiern erneut fruchtbare Weibchen schlüpfen. Dieses in der Natur weit verbreitete System bezeichnet man als Jungfernzeugung (Parthenogenese), das man unter anderem von zahlreichen weiteren ursprünglichen und modernen Krebstieren (Wasserflöhe, Salinenkrebs, Muschelkrebs, aber auch manche Süßwassergarnelen und Flußkrebse usw.), Insekten (Blattläuse, Gespenst- und Stabschrecken) aber auch von Wirbeltieren wie manchen Echsen und dem sogar Truthahn kennt.
Im Gegensatz zu den Salinenkrebschen ernähren sich die viel größer werdenden Triops- Arten, nur im Jugendalter und später nur partiell von Algen. Es sind Räuber, die in Natur den Schlamm am Gewässergrund durchwühlen und nach kleinen Würmern, Insektenlarven und anderen Krebschen suchen. Im folgenden Text gibt der Autor eine modifizierte Aufzucht- und Haltungsbeschreibung aus eigener Erfahrung wieder.

Arten

Im Handel kann man derzeit Eier zweier verschiedener Triops- Arten erhalten: Triops longicaudatus stammt aus Nordamerika. Die hellbraunen Tiere mit roten Beinen werden gut 5 bis 6 cm lang und entwickeln sich unter optimalen Bedingungen besonders schnell. Der europäische Triops cancriformis entwickelt sich etwas langsamer, ist dunkler gefärbt, robuster und erreicht dafür mit den Schwanzanhängen eine Länge von bis zu 10 cm. Beide Arten sind gleichermaßen gut für den Einstieg geeignet. T. cancriformis ist geschützt, darf also nicht der Natur entnommen werden, wird aber speziell für die Privathaltung und natürlich auch für die Forschung gezüchtet.
T. cancriformis wird auch als "Warmwasser- Art" bezeichnet, da er sich vom späten Frühjahr bis in den Hochsommer hinein entwickelt. Sollte man das Glück haben und einen Standort dieser Art entdecken, so ist die Art häufig mit den Anostracen Branchipus schaefferi ("Feenkrebschen", ein enger Verwandter von A. salina) vergesellschaftet. In Schmelzwasser-tümpeln oder in Überschwemmungsgewässern in Flußauen und Bruchwäldern kann man im zeitigen Frühjahr die ausgesprochene Kaltwasser- Art Lepidurus apus (Notostraca) ebenfalls vergesellschaftet mit einem Anostracen (Siphonophanes grubei) finden, die mit steigenden Temperaturen spätestens im Mai schnell verschwinden. Hier muß auf die Gefährdung dieser Krebstier- Gesellschaften hingewiesen werden, deren Biotope durch die massiven Eingriffe des Menschen (z.B. Eindeichung der Flüsse und Entwässerungsmaßnahmen) immer seltener werden und teilweise sogar nur noch in kleinsten Relikt- Vorkommen in Deutschland existieren.

Vorbereitung und Aufzucht

Für die Haltung der Tier eignen sich kleine 2 bis 5 Liter fassende Kunststoffaquarien, wie sie in jedem Fachgeschäft erhältlich sind. Ein solches Becken muß vorab gründlich mit heißem Wasser gereinigt werden. Anschließend wird es zwei- bis dreimal mit destilliertem Wasser (in jedem Supermarkt in 2 oder 5 Liter Kanistern erhältlich) ausgespült. In das so gereinigte Becken kann nun das Substrat mit den Eiern (aus Versandhandel) gegeben und das Aquarium mit mindestens 2 bis maximal 5 Litern destilliertem Wasser aufgegossen werden. Auf Dekoration muß verzichtet werden, um eine Verunreinigung mit Schadstoffen oder un-erwünschten Keimen zu verhindern. Das Becken wird nun mit einer Glasplatte abgedeckt, ein Spalt zum Luftaustausch wird allerdings frei gehalten. Es ist zu beachten, daß sich zu hohe Gefäße nicht eignen, da der Gasaustausch nur über die Wasseroberfläche erfolgt. Flache Schalen sind daher ebenfalls gut geeignet. Es ist zu bedenken, daß schließlich das Biotop "Pfütze" nachgeahmt wird. Eine Belüftung durch eine Aquarien- Luftpumpe ist dann über-flüssig und auch ungeeignet, da die jungen Krebse aus dem Wasser befördert werden und an der Aquarienwand kleben bleiben können.
Das frisch gefüllte Aquarium wird nun unter helles, sonnenlichtähnliches Kunstlicht gestellt. Die Beleuchtungsperiode sollte deutlich über 12 Stunden (am besten 14-16 h) liegen. Die Idealtemperatur liegt bei T. longicaudatus bei 25 bis 26°C, bei T. cancriformis um 23 bis 24°C.
T. longicaudatus schlüpft unter diesen Bedingungen schon nach 24 Stunden, T. cancriformis kann mit dem Schlupf bis zu eine Woche auf sich warten lassen. Sobald man die anfangs winzigen Jungkrebse durchs Wasser zucken sieht, kann man mit dem Füttern geringster Mengen des Algen- Trockenfutters (Versandhandel) beginnen. Die Tiere wachsen außer-ordentlich schnell heran. Erreichen die Tiere eine Größe von über einem cm kann man mit dem sparsamen Verfüttern des "Kraftfutters" (Versandhandel) beginnen. Es gilt hier nur jeweils dann zu füttern, wenn die Nahrung der letzten Fütterung vollkommen aufgezehrt ist. Kannibalismus insbesondere bei der amerikanischen Art läßt sich kaum verhindern und völlig normal. So wird der Besatz auf eine gesunde Anzahl reduziert.
Nach einer Woche sollte man mit dem Wasserwechseln beginnen. Dazu wird zunächst etwa ein Drittel der Wassermenge abgeschöpft und durch destilliertes Wasser oder durch ein Gemisch aus viel destilliertem Wasser und etwas nitratarmen Mineralwasser (niemals Leitungswasser!) ersetzt. Zunächst wechselt man das Wasser nach Bedarf, schließlich wird es aber täglich notwendig.

Zucht

Sind die Tiere auf über einem cm angewachsen, kann etwas Sand (0,5 cm hoch) als Eiablage-substrat ins Aquarium gegeben werden. Der Sand muß jedoch zunächst sehr gründlich mit heißem Wasser gereinigt werden. Anschließend spült man das Wasser mindestens dreimal mit destilliertem Wasser und erhitzt den Sand anschließend im Backofen für etwa eine halbe Stunde bei größter Hitze.
Die Geschlechtsreife der Tiere erkennt man deutlich an der Ausbildung zweier "Eibeutel", die am elften Thoracopodenpaar (Thoracopod: Spaltbeine des Thorax- Bereichs) ausgebildet werden. Bei T. longicaudatus können diese Eibeutel, wie bereits beschrieben, schon zwei Wochen nach dem Schlupf ausgebildet sein. Die Krebse beginnen nun verstärkt im Sand zu wühlen, wobei anscheinend auch die ausgereiften Eier abgegeben werden. Mitunter kann man die runden dunkelorangen bis brauen Eier sogar im Sand mit bloßem Auge ausmachen. Sind die Elterntiere verstorben gießt man nun vorsichtig einen Großteil des Wassers ab und läßt nun den noch nassen Sand mit Eiern und Algen über mindestens einem Monat eintrocknen. Ist der Sand vollkommen trocken, kann er in kleine "Eßlöffel- Portionen" portioniert, in geeignete Gefäße gefüllt und nach belieben Monate oder theoretisch auch Jahre im Kühl-schrank gelagert werden. Oder man beginnt erneut mit der Aufzucht und gießt, wie oben beschrieben, eine Portion erneut mit zwei Litern destilliertem Wasser auf und der Jahrmillionen alte Zyklus beginnt erneut.... Es schlüpfen nicht alle Eier mit dem nächsten Aufgießen, es bleiben immer einige zurück. Auch dies macht biologisch Sinn und hat sicherlich dazu beigetragen, daß diese Tiere bis heute überlebt haben, denn schließlich sind die Lebensumstände nicht bei jeder Überschwemmung optimal. So kann es sein, daß die Wassermenge nicht ausreicht und die Pfütze noch vor dem Erreichen der Geschlechtsreife der Tiere wieder austrocknet. Eine weitere bemerkenswerte Strategie dieser lebenden Fossilien.

Viel Freude mit diesen lebenden Fossilien!

Links

Tips und bald vielleicht auch Zuchtansätze bei sascha.eilmus@gmx.de

© by Sascha Eilmus