Die Artengruppe Aulonocara des Malawisees

Seit vielen Jahren hat die Fischfauna der großen Ostafrikanischen Seen einen festen Platz in meinem Herzen erobern können. Allen voran die Gattung Aulonocara. Sie kommt endemisch im Malawisee vor, und dieser liegt in Ostafrika. Der westliche Teil des Sees gehört zu Malawi, der nordöstliche zu Tansania, der größte Teil des östlichen Seeufers zu Mosambik. Mit ca. 31 000 km² Wasserfläche ist er der neunt größte See der Erde.

Seine maximale Tiefe wird mit ca. 700 m angegeben, wobei nur die oberen 200 m belebt sind. In den unteren Wasserschichten fehlt der lebenswichtige Sauerstoff. Bei einer Länge von fast 600 km und einer Breite von bis zu 80 km wirkt der See auf seinen Betrachter wie ein Meer. Da der Wasserspiegel auf 472 m über Meereshöhe liegt, kann man ihn schon zu den Gebirgsseen zählen. Das Alter des Malawisees wird nach neuesten Untersuchungen auf bis zu 20 Millionen Jahre geschätzt.

Anfang der siebziger Jahre kamen die ersten Aulonocara Arten in größeren Mengen in die Aquaristik, die erste wurde unter der falschen Bezeichnung Aulonocara nyassae importiert. (Nyassaesee ist der Name des Malawisee in der Sprache der Einheimischen). Jedoch stimmten diese Tiere nicht mit dem Holotypus, der von Regan 1922 aus der Sammlung von Rodney C. Wood beschriebenen Art überein. Erst im Jahre 1984 wies E.Trewavas darauf hin, daß diese A. "nyassae" wahrscheinlich eine andere Art ist, und zwar Aulonocara spec. Rotschulter, die sehr eng mit A.hansbaenschi (A.Red-Flash) verwandt ist.

In den folgenden Jahren wurden mehr und mehr neue "gute" Arten exportiert. In der Aquaristik werden die Aulonocara in zwei Hauptgruppen unterteilt: Die Sandaulonocara und die Fels-Sandaulonocara. Die Gruppe der Fels-Sandaulonocara besteht zur Zeit aus ca. 30 Arten und Unterarten. Die Gruppe der Sandaulonocara umfaßt zur Zeit ca. 10 Arten und Unterarten, wobei die Übergänge fließend sind. Bei der Art Aulonocara trematocephala ist ihr Biotop noch unbekannt und somit ihre Zuordnung nicht festgelegt. Sandaulonocara bevorzugen Wassertiefen ab ca. 40 m und mehr. Im Gegensatz dazu befinden sich die Lebensräume der Fels-Sandaulonocara in Wassertiefen von ca. 1 m bis ca. 20 bis 30 m. Es gibt auch hier Ausnahmen von der Regel.

Bei meinen weiteren Ausführungen möchte ich mich mit den aquaristisch bedeutsamen
Fels-Sandaulonocara befassen. Die Gruppe der Fels-Sandaulonocara teilt sich in die stark Höhlen bezogen lebenden Arten, und den mehr offen lebenden Arten auf. Gemeinsam ist beiden Gruppen ihr starker Bezug zu Felsen und sandigem Untergrund. Vertreter der stark Höhlen bezogen lebenden Gruppe sind z.B. die Arten

Besonders die Art Aulonocara jacobfreibergi besteht aus einer Vielzahl verschiedener Standort- und Farbvarianten. Allen gemeinsam ist ihr ausgeprägt variables Farbkleid und ihre Bevorzugung für Höhlen. Die neuesten Entdeckungen in dieser Gruppe sind u.a. Aulonocara jacobfreibergi "Mamelela" und Aulonocara jacobfreibergi "Lwanda". Beide Standortvarianten sind aus dem Tansanischen Teil des Malawisee beschrieben worden (Spreinat 1992). Aulonocara "Lwanda" ist auch noch im zu Mosambik gehörenden Teil des Malawisee beschrieben worden. Die Arten Aulonocara microstoma, brevirostris, auditor, rostratum haben aquaristisch keinerlei Bedeutung erlangt. Zum Teil sind sie noch nicht exportiert worden.

Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Arten leben die Fels-Sandaulonocara mehr substratorientiert, jedoch ohne den direkten Bezug zu Felsen oder Unterständen zu verlieren. Die Ernährungsweise der Aulonocara steht in direktem Zusammenhang mit ihrer Lebensweise über sandigem Substrat. Durch ihre trichterförmigen Sinnesgruben unterhalb des Kopfes sind sie in der Lage, Futtertiere, die im Sand verborgen sind, zu "ertasten" und dies auch bei Dunkelheit, in großen Wassertiefen. (Aulonocara = Flötengesicht)

Bedingt durch die seeweite Verbreitung hat fast jeder Uferabschnitt im See seine eigene Population von Aulonocara, ebenso die im See verstreut liegenden Inseln. An manchen Uferabschnitten kommen auch mehrere Arten vor, ohne sich zu bastardisieren. Ein gutes Beispiel hierfür sind A. maylandi maylandi und A. maylandi kandeensis, die sich gemeinsam ihren Lebensraum bei der Insel Kande teilen. Die Arten halten sich rein, da sich in aller Regel die jeweiligen Partner derselben Art erkennen. Da sich die weiblichen Tiere kaum von einander unterscheiden, balzen die Männchen erst einmal jedes sich nähernde Aulonocara Weibchen an, um an der jeweiligen Reaktion des Weibchens erkennen zu können, ob sie der richtige Partner ist. Die Weibchen erkennen den zu ihrer Art gehörenden Mann am artspezifischen Farb-Balzkleid und laichen nur mit diesem als zugehörig erkannten Männchen ab. Dieses Verhalten erlischt leider in unseren Aquarien. Bedingt durch die räumliche Enge, kreuzen sich die einzelnen Arten miteinander. Dies sollte unter allen Umständen dann vermieden werden, wenn diese Kreuzungen zur Zucht und anschließender Weitergabe vorgesehen sind. Da diese Hybriden fortpflanzungsfähig sind, würden die guten Wildarten bald aus der Aquaristik verschwunden sein! Durch ihre Farbenpracht, ihre relative Friedfertigkeit, und ihre geringe Größe ( ca. 9 - 14 cm) sind sie die idealen Pfleglinge im Ostafrika Aquarium.

Ich für meinen Teil habe meine Favoriten aus den Ostafrikanischen Seen gefunden, die Kaiserbuntbarsche, eben die Juwelen vom Malawisee.

Gewidmet Charly Gatzek.

Autor und ©: 1997 Frank Kempf, Niederkassel Rheid